08.10.2008 - DE - ASP - Muffathalle - München

Doch er gibt uns nicht lange Zeit ihn zu bewundern, denn schon beginnt er den Konzertauftakt mit „Betteljunge“.

Als er uns kurz darauf erzählt, wie lang die Reise vom Zaubererbruder war und seine tiefe Stimme durch den Saal hallt, legt sich langsam die allgemeine Unruhe. Ein stolzes Raunen läuft durch die Reihen, als Asp verlauten lässt „Nun sind wir hier, zu Hause.“


Doch auch dieses Gefühl ist nicht von langer Dauer. Denn schon erklingen die ersten Takte von „Krabat“ und reißen die Menge in ihren Bann. Während die vorderen Reihen lautstark mitsingen, springt Asp über die Bühne, von Tossi zu Matze und wieder zurück nur um im nächsten Moment den Frauen in den ersten Reihen tiefe Blicke zuzuwerfen.

Als dann Thomas den Einsatz für „Die Teufelsmühle“ verfehlt, löst sich die Spannung der Zuschauer vollends. Heiteres Gelächter dringt nach vorne zur Bühne und Asp, dessen Gesichtszüge im ersten Moment vor Schreck entgleisen, fängt sich sogleich wieder und stimmt mit ein. An der Wand erscheint ein Mühlrad, das sich im Takt der Musik dreht und uns kommt es so vor, als könnten wir förmlich hören, wie sich das Rad dreht.


Nach einer angemessenen Stille bricht tosender Beifall los, der sich für die Band im ersten Moment wie ein Donnerschlag anhören musste. Carlos kann sich ein Grinsen nicht verkneifen und kurz darauf wird uns erklärt, dass ein Thema eine zentrale und wichtige Rolle spielt – Verwandlung. Diese ist beim Zaubererbruder nur Sinn und Zweck, während sie beim Schwarzen Schmetterling schon fast eine philosophische Tiefe erreicht. „Homo homini lupus“ rezitiert Asp und zeigt uns wieder einmal auf, dass Menschen sich immer und stetig verwandeln, egal ob zum Guten oder zum Schlechten. Denn „Der Mensch ist des Menschen Wolf“.


Um die Tiefgründigkeit seiner Aussage zu bestätigen, ertönt nun „Stille der Nacht“. Hier kommt Matze zu einem Gitarrensolo, das uns regelrecht von den Stühlen wirft. Kurz darauf darf auch Carlos an seinen Percussions ein Solo hinlegen. Die Fans lachen und jubeln nur um keinen Augenblick später wieder in andächtige Stille zu versinken, als Asp und Matze von einem Mann erzählen, der seine Liebste im Neuschnee sucht. Seine Liebste, die von einem Wolf verfolgt wird. Das Licht wird gedimmt. Die Verzweiflung, die in diesem Song zur Geltung kommt, ist nahezu greifbar. Am Ende kann sich Asp ein stolzes Lächeln nicht mehr verkneifen.

Um über diesen Moment hinweg zu kommen, baut er sich vor uns auf und erklärt uns, wie wichtig es jetzt sei, mit ihm zu üben. Denn er wolle unsere Stimmen hören. Wenn wir so lieb darum gebeten werden, können wir nicht lange standhalten und nachdem er uns einmal den Text vorsagte, stimmen wir direkt mit ein.

„Ja, ja, dreimal hurra. Wir bringen nun alles ins Lot. Ja, ja, dreimal hurra. Der teuflische Müller ist tot.“


Nachdem auch der letzte Fan in der hintersten Reihe verstummt ist, kann ein Fanclubmitglied nicht mehr an sich halten und brüllt lautstark ins Publikum „Geil“. Asp grinst breit und muss dann selbst anfangen mit lachen. Er ist so gütig und gibt uns eine Minute, damit wir uns wieder beruhigen können, bevor er das nächste Stück ankündigt. Er macht uns unmissverständlich klar, dass wir ihm zu gehorchen haben, denn er ist der Meister. Also machen wir, wie uns geheißen und es ist nur eine Geste seinerseits nötig, um uns alle dazu zu bringen im Takt zu klatschen. Ja, Asp hat uns wirklich gut im Griff. Die Stimmung steigt, als Asp, Tossi, Himmi und Matze im Call-and-Response-Stil den Refrain immer und immer wieder wiederholen.


Seine tiefe Stimme singt nun „Die Ballade von der Erweckung“ und katapultiert uns von ausgelassener Heiterkeit in eine nachdenkliche Stimmung. Ja, er ist wahrlich begabt darin, unsere Gefühle zu dirigieren. Von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt, nie ist es deutlicher, als bei diesem Konzert.

Nachdem er uns also wieder wie Marionetten in ein Gefühlschaos gestürzt hat, erklärt er uns in seiner ureigenen Art, wie unheimlich gewohnt respektvoll und höflich auf die bevorstehende Unplugged-Tour reagiert wurde. Mit zitternd erhobenem Zeigefinger wurde auf die Band gedeutet. „Ha!“ und die Hand zuckte schon mal aus der Keksdose zurück. Er erklärt uns, dass ihnen vorgeworfen wurde, ihrem Motto „Once in a Lifetime“ nicht treu zu sein, sondern in diesem Falle nach „Twice in a Lifetime“ gehandelt wird. Asp schmunzelt und bittet uns beim nachfolgenden Vergleich unseren Nebensitzern im Falle von Minderjährigkeit die Ohren zuzuhalten. Denn seiner Meinung nach kann man Once in a Lifetime Sex haben. Aber man kann auch Once in a Lifetime guten Sex haben. Die Menge brüllt vor Lachen. Metaphern sind eindeutig Asps Stärke.

Als er dann „Nie mehr“ anspielt, kann sich die Menge nicht mehr halten. Trotz Bestuhlung erheben sich nahezu ausnahmslos alle von ihren Plätzen, klatschen und tanzen. Kurz nach Beginn des Songs kommt ein Teddybär aus der Menge geflogen, zischt haarscharf ans Asps Ohr vorbei und bleibt dann zu Carlos’ Füßen liegen. Erneutes Lachen von Seiten der Fans. Selten erleben wir eine aus gelassenere Stimmung. Die Band hat es wirklich drauf eine familiäre Stimmung zu erzeugen.


Er versucht uns in seiner gewohnten Asp-Manier klarzumachen, dass nach dem nachfolgenden Song eine kleine Pause eingelegt wird, in der wir ihren frisch herausgeputzten Merchandising-Stand bewundern und kurz eine Zigarette rauchen dürfen. Wie immer hat er Mitleid mit uns armen Süchtlingen.

Asp erzählt, dass mit einem „journalistisch investigativem Augenzwinkern“ behauptet wurde, die Akkorde des folgenden Songs seien schon einmal da gewesen. „Nee, nee, nee“, sagt er und betont, dass sie mit diesem Lied das Rad neu erfunden hätten. Kurz darauf wird „Abschied“ gespielt. Gegen Ende des Songs erkennen wir nun auch ein Liedstück von Robbie Williams. Lachend fallen wir in die uns bekannten Zeilen ein und die Band verschwindet kurz darauf sang- und klanglos von der Bühne.

Wir sind uns einig, die Pause haben wir uns und sie sich redlich verdient. Die Band powert da oben auf der Bühne als würde es um ihr Leben gehen und wir? Wir werden hin und her gerissen, haben keine Möglichkeit uns auf eine der vielen Gefühlsregungen einzulassen, denn sobald wir die eine akzeptiert haben, werden wir schon in die nächste gezerrt. Es ist ein Drahtseilakt, den nur Asp mit Band zu meistern weiß.


Nach der zwanzigminütigen Pause ertönt wieder der uns schon bekannte Gong und die Masse strömt wieder in die Halle. Schnell suchen wir uns unsere Plätze. Jetzt sind die Fotografen dran, denn sie haben die Erlaubnis nun endlich ihre heiß ersehnten Bilder zu schießen.

Die Techniker wissen das ganz genau und hatten Erbarmen mit uns; sie drehen das Licht so, dass wir eine für diese Situation und Umgebung eine nahezu optimale Beleuchtung haben. Leider können wir in diesem Moment keine Fotos vom Publikum machen, denn hinter uns ist es viel zu dunkel und sobald es einer wagte, auch nur den Kopf etwas höher zu recken, wurde er sofort von den hinter ihm sitzenden dazu gebracht, sich ganz klein auf seinem Stuhl zu machen. Schade, dann gibt es eben keine Bilder von der Menge, dafür aber umso mehr von der Band.


Asp kündigt „Aus der Tiefe“, „Last Lovesong“ und „Biotopia“ an. Wir kommen nicht wirklich dazu, darauf zu achten, was er zwischen diesen drei Songs sagt, denn wir sind viel zu sehr damit beschäftigt die richtigen Momente auf Celluloid zu bannen. Die Band scheint zu ahnen unter welcher Anspannung wir Fotografen stehen, denn sie beginnen mit uns zu spielen, schenken jedem von uns einen langen, tiefen Blick direkt in die Linse. Es wirkt, als würden sie uns durch die Kamera direkt in die Seele blicken. Ein gehauchtes Dankeschön in Richtung unserer Models lässt sie allesamt strahlen.


Danach müssen wir leider unsere Kameras wieder wegräumen, aber immerhin hatten wir die Chance wunderschöne Bilder zu schießen. Im Anschluss daran erklärt er uns, warum er ausgerechnet diesen Teil von Krabats Welt besingt. Er erzählt, dass ihm die Kriegsgeschichte zu traurig und trist war und diese viel zu oft wiedergegeben wurde. So wählte er die andere Seite und versuchte sich von der Masse abzuheben, was ihm allein durch die Art und Weise seiner Songs auf jeden Fall immer wieder aufs Neue gelingt. Mit einem Augenzwinkern legt er dann „Der Schnitter Tod“ auf die Bühne, nur um im Anschluss daran „Spottlied auf die harten Wanderjahre“ zu bringen. Wir fiebern mit ihm, singen und trauern. Carlos hat sich mittlerweile von seinen Percussions entfernt und auf etwas Platz genommen, das nach mehrmaliger Betrachtung einem Cajón nahe kommt. In der Zwischenzeit hat einer der Jungs Matze eine rosa Gitarre mit der Aufschrift „Hello Kitty“ in die Hand gedrückt. Im ersten Moment sind wir schadenfroh, doch bald klingt unser Lachen gequält, wir haben Mitleid mit ihm.


Nachdem auch Asp aufgehört hat, mit Lachen wird er ernst und sieht uns an. „Na? Könnt ihrs noch?“ fragt er in die Runde und uns wird sofort klar, dass wir wohl wieder singen dürfen.


„Denn ihr werdet es noch brauchen. Ich geb Ihnen ein Zeichen.“, erklärt er und kurz darauf singen wir wieder mit ihm im Chor. Er lobt uns und merkt offenbar, dass er uns alle in seinen Bann gezogen hat, denn kurz wird sein Blick weich.

Er erzählt, dass er eigentlich für den nächsten Song einen Gastsänger hätte haben wollen, aber dieser wegen einem einzigen Song seine eigenen Projekte nicht liegen lassen kann. Asp vertröstet uns und als er uns sagt, dass Tossi Eric Fish’s Stimme übernehmen wird, sind wir nicht mehr ganz so traurig. Tossis Stimme ist klasse und im Duett mit Asp in „Zaubererbruder“ können wir uns kaum einen besseren Ersatz vorstellen. Und wieder steht die Menge, die Band droht bald die Kontrolle zu verlieren, aber noch haben sie uns gut im Griff.


Dann gleiten wir mit „Me“ zurück ins Land Weltunter. Als „:Duett – das Minnelied der Incubi“ angestimmt wird, sind wir nicht mehr zu halten. Es wird getobt, getanzt. Etwas weiter hinten wurden einige Stühle für dieses Lied gestapelt, damit einige Platz zum tanzen hatten.

Asp sieht sichtlich gerührt aus, es wirkt, als würde in seinen Augenwinkeln eine Träne glitzern, aber sicher sagen können wir es nicht. Er erklärt uns, dass jetzt die Stelle kommt, auf die die Band uns den ganzen Abend versucht hat vorzubereiten. Asp schaut uns an, dreht sich zur Seite.

„Vielen Dank, bis bald.“, sagt er noch und geht.


Die Menge ist entsetzt, ein launisches Murren zieht sich durch die Reihen und lässt Asp innehalten. Er dreht sich wieder zu uns um und wir erkennen ein lausbübisches Grinsen in seinem Gesicht. Wir lachen erleichtert auf. Nein, so einfach konnte er uns nicht abspeisen.

Er hebt die Stimme und im Refrain sind wir gefragt. „Ja, ja, dreimal hurra, der Müller muss endlich ins Grab“.

Wir toben, hinter den ersten Reihen trampeln einige mit den Füßen auf den Boden, dieser bebt und die Stühle wackeln. Einstimmig wird nach „und wir tanzten“ verlangt, doch stattdessen wird „Am Ende“ gespielt. Asp wird nur von der Gitarre, dem Cello und der Geige begleitet. Es herrscht andächtige Stille. Dann verabschieden sie sich mit einer Verbeugung, während wir uns alle wieder erheben. Unter tosendem Applaus zieht die Band von der Bühne. Zusammen flehten wir nach einer Zugabe, die uns auch nicht verwehrt blieb.


„Vielen Dank, das ist sehr freundlich.“, meint er, als er wieder auf die Bühne kommt und kurz darauf das „Varieté Obscur“ anstimmt.

Und dann kommt DIE Überraschung schlecht hin. Wie in vielen Gerüchten bereits vermutet, gibt es einen weiteren Gastauftritt. Die ersten Takte von „Mein Herz erkennt dich immer“ erklingen, als Lisa Pawelke von Faun auf die Bühne kommt. Unter großem Hallo nimmt sie ihren Platz ein und singt zusammen mit unserem Liebling eine der schönsten Balladen an diesem Abend. Zusammen nehmen sie uns gefangen, reißen uns mit in die Gefühlswelt der Protagonisten in dem Lied, sie lassen uns nicht mehr los.


Asp verabschiedet die einzig wahre Lisa Pawelke und gibt Ally hinten an der Geige einen Wink. Sie beginnt zu spielen, doch alles, was sie aus ihrer Geige hervorbringt, sind schiefe Töne. Asp schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Wir können es nicht wirklich deuten, ob diese Szenerie gespielt ist oder nicht, viel zu echt wirkt sie auf uns. Doch dann greift Ally in die Saiten. Die Klänge zu „Werben“ ertönen und abermals können wir uns nicht mehr halten.

Schließlich verabschiedet sich die Band abermals und zieht von der Bühne. Endgültig, wie es uns scheint.

„Wir wollen brennen“ erklärt die Menge einstimmig. Immer und immer wieder werden diese Worte wiederholt. Wie ein Chant durchdringen sie uns und kurz darauf werden wir erlöst. Wieder kommt die Band auf die Bühne.

Ihre wohl berühmteste Ballade wird nun angestimmt. „Und wir tanzten“ ergreift wohl in diesem Moment so ziemlich jeden. Wir stehen auf, tanzen und fiebern mit. Der krönende Abschluss bildet „Ich will brennen“. Ausnahmslos jeder sing mit und am Ende sind wir uns einig: Der Abend hätte kaum besser sein können.


Und wie immer wurden die Geduldigen belohnt, Asp und Freunde kehrten zurück, zurück zu uns, zu ihren Fans um uns auch noch den letzten Wunsch zu erfüllen, den Wunsch nach Nähe zu unseren Idolen.


Fazit: Musikalisch und menschlich ein eindeutiges Feuerwerk an Gefühlen.

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